Ankara, Samstag, 10. Mai 2014, 7:45 Uhr: Der schrille Weckalarm von Emanuels iPhone reisst uns alle aus dem Schlaf. Nach einem reichhaltigen Frühstück im Olympic Parc Hotel beschliessen wir, dass Heute das Team „Henry“ den Lead von Ankara nach Bogazkale übernimmt.
Frisch ausgeschlafen, geduscht und verköstigt macht sich die Kamelkaravane unter der Fürhung von „Henry“ auf den Weg. Wir sind keine 15 Minuten unterwegs als die Frage auftaucht, warum wir entgegen der geplanten Route in Richtung Westen fahren. Na toll, wir sind falsch abgebogen, aber das gehört alles zum Plan, wie Fran mit an Sicherheit grenzender Bestimmtheit darlegt 😉
Bei einer Tankpause machen wir eine Lagebeurteilung und beschliessen in die andere Richtung zu fahren. Unser Konvoi maneuvriert sich geschickt und zackig durch den hecktischen Stadtverkehr von Ankara. Und wieder einmal wiederholt sich die Geschichte: Emanuel vollführt ein dermassen zackiges Abbiegemaneuver, dass er dabei „Indy“ und „Shorty“ abhängt.
Die Korrektur kostet uns gut fünfzehn Minuten Zeit, einige Umwege im dichten Stadtverkehr, ein paar zeitlich abgestimmte Sirenklänge aus „Indy’s“ Horn, doch dann ist der Konvoi wieder zusammen und findet seinen Weg nach Bogazkale.
Es wäre natürlich zu schön um wahr zu sein, wenn es nicht zu einem weiteren Zwischenfall gekommen wäre: Nachdem wir uns über Funk auf eine Pinkelpause verständigt haben, steuert Emanuel selbstbewusst die erstbeste Ausfahrt an. Dumm nur dass es sich ausgerechnet um eine Kontrollstation der Polizei handelt. Der Beamte in seinem Unterstand schaut uns dann auch mit grossen Augen an. Noch grösser werden diese, als wir in wahrer Kojak-Manier einen „Le Mans“-Start hinlegen und zurück auf die Strasse brettern.
Erst nach 100 Kilometern sind wir uns sicher, dass uns die Polizei wirklich nicht verfolgt 😉
Als wir in Sungurlu eintreffen, legen wir eine kurze Rast bei der nächstbesten Tankstelle ein. Kurz nach der Weiterfahrt meldet sich Reto, seine Brille ist verloren gegangen. Gut, das ganze Halt, der Konvoi steht an einer Seitenstrasse und wartet, währenddessen rauschen andere Konvois auf der Hauptstrasse an uns vorbei. Minuten später kommt die Entwarnung: Die Brille ist gefunden, es kann weitergehen.
Ausgehend von Sungurlu beginnt die Chinesenrallye. Was ist eine Chinesenrallye? Nun, vereinfacht gesagt ist es eine Schnitzeljagd, wir folgen Hinweisen im Roadbook in Form von Bildern und Kartenausschnitten, welche uns jeweils zum nächsten Wegpunkt leiten. Dies haben wir ja bereits am ersten Tourtag in ähnlicher Form machen müssen um an unser Roadbook zu gelangen.
Für die Türkei gab es übrigens ein eigenes Roadbook, welches vor Ort an die Team abgegeben wurde. Es war im übrigen eine ziemlich grosse Anstrengung an ein solches zu gelangen, weil sich unser Team ja notorisch woanders befindet als das OK-Team, da kann eine persönliche Übergabe ja nur scheitern 😉
Die Chinesen-Rallye führte uns duruch pitoureske, unberührte Landschaften, grosse Weiten und eine atemberaubende Flora. Auf der Fahrt dorthin begegneten wir diversen anderen Teams welche sich gegenseitig immer wieder überholten – ein faszinierendes Schauspiel. Das Wetter wurde immer besser und es wurde allmählich wärmer, was sich auch positiv auf unsere Stimmung auswirkte. In Bogazkale angelangt besuchten wir ein örtliches Museum (auf Türkisch Müze genannt, hier kommt mal wieder die Frage nach dem „eintürken“ auf) wo die erste Aufgabe darin bestand eine Sphinx zu fotografieren. Danach ging es weiter über eine gepflasterte Bergstrasse. Der Weg führte an mehreren Ausgrabungsstätten vorbei, welche überigens zum UNESCO Weltkulturerbe gehören.
Die Idylle wird durch einen Funkspruch von „Shorty“ jäh unterbrochen, es sei ein beunruhigendes klackern zu hören. Es stellte sich heraus, dass die Geräusche von einer defekten Getriebewelle stammen konnten. Zum Glück befindet sich gleich ein Pannendienst vor Ort. Der Mechaniker baut die Welle kurzerhand gleich noch vor Ort aus und bestätigt unsere Vermutung. Der Befund stand fest: „Shorty“ muss in eine Werkstatt.
Während „Indy“ und „Henry“ mit Steven, Gianpaolo, Emanuel und Fran an Board sich von „Shorty“ trennen, um die restlichen Aufgaben zu bestreiten, treten Reto und Jens den mit ihrem Auto den Weg zu einer Werkstatt in Corum an.
Es ist schon 19:00 Uhr durch als wir uns in der Werkstatt wieder treffen. Das Gute an der Sache, es befindet sich unerwarteterweise ein Türke aus Deutschland vor Ort: Fati, der in der Nähe der dänischen Grenze lebt hilft uns mit der Übersetzung, was die Sache schon deutlich einfacher macht.
Wie angekündigt trifft um 20:00 Uhr auch schon die reparierte Welle für „Shorty“ ein und die Mechaniker schreiten sogleich an die Montage. Währenddessen kümmern sich Steven und Gianpaolo um Ihren kaputten Blinker vorne links. Dort ist in der Fassung ein Kontaktplättchen abgebrochen, was sich mit etwas Draht aber im Nu korrigieren lässt. Zuerst allerdings brauchen die beiden ein paar Minuten um die Halterung aus dem Motorraum zu fischen, da diese bei der Demontage unter den Motorblock gefallen ist und nun irgendwo zwischen Motor und Unterbodenplatte hängt. Mit Hilfe einer Taschenlampe und einer auf ein Stativ montierten GoPro-Kamera liess sich das Teil immerhin schnell lokalisieren und herausbefördern.
Fran und Emanuel lassen sich schliesslich noch den Auspuff ihres Audi A4 mit Draht hochbinden, da sich dieser irgenwann auf einer Offroad-Strecke gelockert hat und ab und an auf dem Boden aufschlägt. Ein Quick-Fix der hoffentlich bis Jordanien hält …
Nach getaner Arbeit breche wir Richtung Fahrerlager auf, wo wir unsere Zelte aufschlagen und nach einem wohlverdienten Feierabendbier und einer Shisha in einen tiefen Schlaf fallen.
Gefahren Kilometer dieser Tagesetappe: 296.