Es gibt ja ehrlich gesagt nichts schöneres, als nach all den bisherigen „Strapazen“ endlich mal wieder so richtig auszuschlafen.
Und so beginnt Tag 21 auch sehr spät, zumindest für einige von uns, erst gegen 12:00 Uhr Mittags.
Nicht jedoch für einen anderen, wackeren Raider. Jens war nämlich schon früh auf um sich der letzten Aufgabe aus dem Roadbook zu widmen.
Heute muss nämlich von jedem Team einen Vertreter nach Madaba fahren, wo man ein grosses Mosaik zusammensetzen wird. Bei der Abfahrt in Oberstaufen haben alle Teams zwei Mosaiksteinchen mit auf den Weg nach Jordanien bekommen.
Und so kommt es, dass unser lieber Jens stundenlang in Madaba herumirrt ohne den Platz, wo er hin soll, aufzufinden. Irgendwann kehrt er ernüchtert und niedergeschlagen zurück, die Aufgabe konnte nicht erfüllt werden.
Erst am frühen Nachmittag erfolgt eine Kommunikation auf Facebook, dass das Gelände aufgrund des Papstbesuchs am Samstag nicht zugänglich war und die Aktion deshalb abgesagt wurde. Schade, hätte er das bloss früher gewusst …
Ansonsten verläuft der Tag ziemlich ereignislos. Reto, Fran und Gianpaolo geniessen das kühle Nass des grossen Pools. Dumm nur, dass gegen 15:30 Uhr alle Poolgäste unter lautem Rufen, wildem Fuchteln und der Zuhilfnahme von Trillerpfeifen aus dem Pool gescheut werden. Der Sinn davon erschliesst sich uns zuerst nicht ganz, aber offenbar will man den Pool für die Festivitäten am Abend räumen.
Wir haben uns allerdings gefragt, warum 20 Hotelangestellte viereinhalb Stunden brauchen um ein paar Liegestühle wegzuräumen, denn vielmehr als das haben sie nicht gemacht, was sich allerdings erst einiges später bestätigen sollte.
Und wie man es dreht und wendet, die Art und Weise wie die Hotelgäste aus dem Pool spediert wurden, war doch etwas fragwürdig und nicht wirklich gastfreundlich. Ja, wir geben’s zu, wir sind wieder im Pauschaltouristenmodus. 😉
Steven und Emanuel befanden sich zur selben Zeit auf dem Weg nach Amman um ein paar Einkäufe zu tätigen. Ihre Mission: Günstige Reischetaschen für das Übergepäck aufzutreiben. Die in den hoteleigenen Shops angebotenen Koffer waren – angesichts der Qualität – deutlich überteuert. 50 Dinar für einen Koffer, der beim Ansehen schon beinahe auseinanderfällt? Ne, echt? Der Händler wollte ihn uns dann zwar plötzlich für die Hälfte geben, aber irgendwie war kein gutes Gefühl bei der Sache. In Amman wurden sie schliesslich fündig, drei einfache Reisetaschen für 30 Dinar. Sicher auch nicht die Topqualität, aber für den einmaligen Gebrauch mehr als ausreichend. Steven deckte sich darüber hinaus auch noch mit Zubehör für seine kürzlich erstandenen Shisha ein: Tabak, Kohle, ein zweiter Tabaktopf und ein Ersatzschlauch. Letzter sollte noch eine grössere Rolle spielen …
Auf dem Rückweg zum Hotel begegnen die beiden einem hochgetunten VW, in dem vier Jordanier sitzen. Sie scheinen wohl auf ein Rennen aus zu sein, denn die Zurufe und das Aufholen ihres Motors am Rotlicht spricht eine deutliche Sprache. Nun gut, wir spielen das Spiel mit. Zumindest bis zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit lässt unser „Indy“ den VW im Staub stehen, dann erst zieht er an „Indy“ vorbei. Mit leichtem Amüsement beobachten Steven und Emanuel, wie der VW weiter vorn von der Polizei kassiert wird.
Um 18:00 finden wir uns schliesslich im grossen Konferenzsaal des Hotels ein. Hier soll die Siegerehrung stattfinden.
Über 700 Rallye-Teilnehmer, die teilweise von ihren angereisten Familien begleitet werden, Vertreter der jordanischen Regierung, Journalisten und Fernsehleute, alle strömen sie in den Saal und suchen sich ihr Plätzchen. Wir sind uns in der Zwischenzeit gewöhnt, dass Zeitangaben in östlichen Ländern rein empfehlenden Charakter haben und so beginnt die Zeremonie denn auch pünktlich um 18:39 und 17 Sekunden 😉
Wilfried und Sakher halten ihre Ansprachen und schreiten dann zur Tat. Die Kollegen, die Feuerwehrautos mitbegracht haben, werden gesondert geehrt. Ihnen spricht der Feuerwehrkommandat seinen besonderen Dank aus.
Auch die Finisher werden dafür geehrt, dass sie die Rallye von Anfang bis Ende durchgezogen haben. Als Finisher gilt, wer sein Roadbook nicht abgegeben hat, oder wer aufgrund eines Regelverstosses aus der Wertung genommen wurde.
Dann folgenden die Fünftplatzierten und schliesslich auch die Viertplatzierten, zu denen auch die Camel Raiders zählen. Gut, es sei soviel gesagt, wer nicht Finisher oder Fünftplatzierter ist, ist ohnehin auf dem vierten Platz. Wir halten unsere Medallie jedenfalls in Ehren und machen das Kamel vor der Kamera 😉
Nun folgt die Siegerehrung für die drei ersten Plätze. Der Kronprinz, begleitet von einem Schwadron von Sicherheitsleuten, betritt den Saal unter den Klängen der jordanischen Nationalhymne. Eine Fernsehsprecherin führt die Einleutung durch, bevor ein Minister seine längere Rede hält. Natürlich verstehen wir kein Wort von dem, was er sagt, ist ja alles in arabischer Sprache. Auch ein jordanischer Vater, der seinen kleinen Jungen im Schlepptau hat, hält eine Rede. Er bedankt sich für die Unterstützung, die seinem Sohn dank der Rallye zuteil wurde. Ohne die finanziellen Spendenmittel der Rallye hätte die Operation, die seinem Jungen ermöglicht zu hören, niemals durchgeführt werden können.
Etwas enttäuscht sind wir, dass der Kronprinz selbst keine Rede hält. Das liegt wohl sicher daran, dass er grade vollauf damit beschäftigt ist, die Kamele und Medallien den Erstplatzierten zu überreichen. A propos Kamel: Wo ist denn das Siegerkamel? „Das steht draussen“. Aha, das wollen wir uns auch mal anschauen.
Die Zeremonie ist um 20:00 Uhr schon vorbei und die Menschen strömen nach draussen. Der Kronprinz selbst ist bereits verschwunden. Schade.
Wir hatten dem Kronprinzen ja eine Einladung für das Fondue-Essen in der Wüste zukommen lassen. Die Absage dafür hatten wir erst zwei Tage zuvor noch erhalten. Angesichts unserem Zeitplan, der ja bekanntlich immer der Realität hinterherhinkte, war das allerdings gar nicht so schlecht. Vermutlich hätte der Prinz morgens um 2:00 Uhr kein Fondue mehr essen wollen 😉
Wir haben aber immer noch den Walliser-Pass bei uns. Diesen wollten wir dem Prinzen feierlich überreichen.
Sakher, der jordanische Vertreter vor OK, hört sich unsere Geschichte an und meint, dass er uns vielleicht helfen könnte. Er bringt uns mit einem Mitarbeiter vom Sicherheitsdienst zusammen, der den Kontakt schliesst zum persönlichen Sekretär des Kronprinzen. Der Kronprinz selbst befindet sich zu dem Zeitpunkt bereits wieder auf dem Weg zu Flughafen, denn in den U.S.A. warten weitere Prüfungen auf ihn. Sein Sekretär befindet sich hingegen noch im Haus und nimmt an seiner statt den Walliser-Pass in Empfang und verspricht, diesen dem Kronprinzen alsbald zu überreichen. Wir sind happy und verlassen den Konferenzsaal, natürlich nicht ohne eine kleine Fotosession gemacht zu haben.
Im Poolbereich mischen wir uns unters Volk und geniessen die Häppchen. In der Mitte des Pool befindet sich eine Art Bühne, wo Tänze und Musik aufgeführt werden. Rund herum plappert und lacht es, die Stimmung ist fröhlich und man geniesst den Abend.
Gleich um die Ecke wartet auch das Kamel, auf dem die strahlenden Sieger ein paar Meter weit reiten dürfen. Auch andere lassen sich diesen Spass nicht nehmen.
Etwas später am Abend wenden sich Steven und Gianpaolo noch ihrem „Indy“ zu. Noch befinden sich einige persönliche Dinge im Auto, die mit nach Hause müssen. Doch kaum dass wir dort stehen, finden wir uns auch schon von Jordaniern umlagert.
„How much …?“ – „Do you have …?“ – „You sell this …?“
Das kommt uns irgendwie bekannt vor. Aber schliesslich geben wir doch nach, und so wechseln Kühlboxen, Werkzeugkoffer und ein paar andere Kleinigkeiten ihren Besitzer. Zu bunt wird es uns allerdings, als einer anfängt, in unseren persönlichen Dingen zu wühlen. „Get off. This is personal stuff!“, bellt Steven. Erschrocken zieht sich der Jordanier zurück. Gianpaolo demontiert noch die kleinen Projektoren in „Indys“ Vordertüren. Für alle, die es nicht bemerkt haben: Diese haben das „Raiders of the Lost Camel“-Logo auf den Boden projeziert sobald man die Türen geöffnet hat. Dieses tolle Gadget wird dereinst in einem „Camel Raiders“-Diorama Verwendung finden. Für uns ist erstmal der Zeitpunkt gekommen, unsere Sachen zum Hotel zu bringen. Diesmal klappt es wenigstens mit dem „Golf-Buggy“ und so müssen wir die Dinge nicht selber schleppen.
Beim Eingang erwartet uns wieder die Sicherheitsprüfung. Unsere Taschen und Säcke landen auf den Förderband und passieren den Scanner. Einmal mehr durchwandert Gianpaolo die Personenschleuse ohne dass sein Taschenmesser bemerkt wird. Alles nur farce?
Da beginnt der Sicherheisbeamte in einer Tasche zu wühlen.
„Hey! You are not allowed to open this!“
„I must check the luggage.“
„Yes, but I open it for you. You are not allowed to search my stuff without my permission.“
„I have permission.“
„No, you don’t. I open it and show it to you. You are interfering with my personal rights if you search it without my consent.“
Himmel, der Typ hat keine Ahnung. Der Stein des Anstosses: Eine der beiden Shishas. Der Beamte bedeutet uns, dass wir diese nicht mit hinein nehmen können.
Wir versuchen zu argumentieren, dass wir am nächsten Tag abreisen und unser Gepäck packen wollen. Das scheint ihm allerdings sichtlich egal zu sein. Demonstrativ stellt er die Shisha in eine Ecke. Davon, dass sich noch eine zweite im Gepäck befindet, merkt der gute Man hingegen nichts. Hatten wir das Taschenmesser schon erwähnt?
Währenddessen diskutiert Steven bereits mit dem Nachtmanager. Dieser meint, dass die Mitnahme von Shishas ein Verstoss gegen die Hausordnung seien, wir dürfen sie nicht mitnehmen. Auf die Argumentation, dass wir das Gepäck packen müssen, geht er nicht unmittelbar ein.
„This is not very polite.“, entfährt es Gianpaolo. „Bring me a table and I pack my stuff here in the lobby. Please, bring me a table! If I can’t do it in the room, then I do pack my stuff here!“
Der Nachtmanager ist irritiert. Steven doppelt nach, dass er am nächsten Morgen mit dem Hotel-Manager eine Verabredung hat, seine Kamera betreffend, die am Vortag von einem Sicherheitsbeamten beschädigt wurde. Das wirkt: Der Nachtmanager greift zum Telefon und spricht sich mit jemandem ab. Bei uns keimt der Verdacht ab, dass der gute Mann gar keine Entscheidungskompetenzen hat. Doch es kommt gut, schliesslich dürfen wir die Shisha (die zweite blieb ja, enschliesslich des Taschenmessers, unbemerkt) mit aufs Zimmer nehmen. Wir dürfen sie aber nicht rauchen, ermahnt er uns noch.
Nein, dass wollen wir ja nicht, wir wollen einzig unsere Koffer packen. Wurde übrigens schon erwähnt, dass man auf den Zimmerbalkons rauchen darf? Das Shisha-Verbot erscheint uns ziemlich suspekt und wenig nachvollziehbar, zumal man im Hotel ja überall Shishas serviert erhält. Wenigstens vor 23:00 Uhr …
Es ist einerlei, wir können nach rund 45 Minuten sinnlossen Diskussionen endlich aufs Zimmer. Unser Drucker spuckt noch die letzten Postkarten während wir fleissig am sortieren, einpacken, auspacken und wieder umpacken sind. Steven vermisst seinen heute neu erstandenen Zweitschlauch für die Shisha. Diesen hatte er früher am Nachmittag auf sein Bett gelegt, zusammen mit dem Tabak und den Tabaktöpfen. Letzteres ist alles noch da, aber der Schlauch bleibt auch nach intensivster Suche verschwunden. Dabei haben wir wirklich alles ungekrempelt. Sogar im Kühlschrank haben wir nachgesehen!
(Anmerkung des Autors: Der Schlauch wurde auch nach Ankunft in der Schweiz und nach sorgfältiger Sichtung des Gepäcks nicht mehr gefunden. Der Aufenthaltsort des Shisha-Schlauchs bleibt weiterhin ein Rätsel. Sachdienliche Hinweise bitte direkt an die Camel Raiders melden.)
Gut drei Stunden später war schliesslich auch alles wieder ordentlich gepackt und fertig für die Rückreise.
Einmal erwartet uns eine viel zu kurze Nacht, denn in knapp drei Stunden bimmelt schon wieder der Wecker.