Tourtagebuch: Startvorbereitungen und 1. Etappe

Und plötzlich geht alles schneller als man denkt: Nun soll er also schon da sein, dieser grosse Tag, der 3. Mai 2014, an dem wir zu unserem grossen Abenteuer aufbrechen sollten?

Am Vortag zur Rallye haben wir uns frohen Mutes nach Oberstaufen aufgemacht um uns am Nachmittag beim OK einzuschreiben.
Zu Beginn haben wir erstmal einen Stapel neue Aufkleber für unser Auto und einen Schulranzen bekommen. Das bringt uns auch gleich zur ersten Aufgabe: Diesen Schulranzen werden wir zusammen mit einem von uns persönlichen abgefassten Brief einem Schulkind in Israel übergeben.

Desweiteren haben wir die Rallye-Schilder bekommen, welche wir an den Fahrzeugen vorne und hinten an den Stosstangen montieren sollten.
Es ist Gegenstand weiterer Diskussionen, ob man diese nicht auch erst am nächsten Morgen hätte montieren können, statt gleichenabends im strömenden Regen 😉

Wie dem auch sei, wenigstens waren unsere Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe der Startrampe platziert, so dass wir uns am nächsten Morgen vom Taxi direkt dorthin chauffieren lassen konnten.
Schade nur, dass die letzte Nacht im gemütlichen Hotel nicht für alle gleichermassen erholsam war, denn die Nacht verlief – zumindest für Reto, der sich das Zimmer mit Jens teilte – dermassen unruhig, dass er sein Quartier kurzerhand im angrenzen Raum am Boden bezog.

Ebenso schade war auch, dass wir schon vor dem Startschuss Zeuge der ersten Panne wurden: Bei unserem Fahrzeug „Shorty“ (ein altgedienter Chrysler Grand Voyager) hat die Starterbatterie versagt. Nichts, was sich mit etwas Starthilfe (unser Dank geht an Team 10) nicht in Ordnung bringen liesse. Dumm nur, dass das gleiche Malheur gleich wenige Minuten später erneut passiert ist … :-/
Beim zweiten Anlauf hat’s schliesslich geklappt und wir konnten gegen 10:30 Uhr – unter den schallenden Fanfarenklängen der Indiana Jones-Melodie und den Anfeuerungen von Schweizer Fans – über die Startrampe brettern.

Doch bevor wir uns auf den Weg machen konnten, mussten wir die ersten Touraufgaben lösen: Zuerst mussten wir in einer Art Schnitzeljagd durch den halben Allgäu fahren und Hinweisen folgen um unser „Road Book“ bei der Sponsorenfirma MAHA (Maschinenbau Haldenwang) abzuholen. Natürlich nicht, ohne dort nicht auch noch eine Spezialaufgabe erfüllen zu müssen, nämlich einen Radwechsel mit Zeitnahme.

Danach stand erstmal Mittagessen und ein Besuch in einem Baumarkt an, denn wir mussten für den Eigenbedarf noch Sicherungen, Schrauben und anderes Kleinmaterial organisieren.
Es war schon nach 13:00 Uhr als wir uns endlich auf den Weg gen Jordanien machten. Gegen 14:45 Uhr erfolgte schliesslich der erste Grenzübertritt von Deutschland nach Österreich auf dem Oberjochpass. Gemäss der Aufgabenstellung im Road Book haben wir uns dort nach draussen begeben und ein Foto vom ganzen Team bei der Grenzmarkierung gemacht. Diese Aufgabe wir uns bei allen noch folgenden Grenzübertritten auch weiterhin beschäftigen.

Kaum 10 Minuten nach dem Grenzübertritt hören wir eine beunruhigende Meldung: Team-Fahrzeug „Shorty“ macht erneut Probleme, die Digitalanzeigen und der Tacho sind ausgefallen. Fahren geht noch, darum ignorieren wir dies erstmal beharrlich.

Nach einer Stunde kommt der erste Check der Tankanzeigen als wir beim Fernsteinseh einen kleinen Zwischenhalt einlegen: Obwohl alle Fahrzeuge gleichzeitig vollgetankt wurden, haben wir nach rund 160 gefahrenen Tageskilometern einen sehr ungleichen Benzinverbrauch: „Indy“ steht bei 3/4 voll, „Henry“ bei 1/2 und „Shorty“ gar nur noch bei 3/8. Wir entscheiden, dass wir noch eine Stunde fahren und vor dem Brennerpass tanken.

Um 18:15 Uhr erreichen wir schliesslich den Grenzübergang auf dem Brenner. Aussenstehenden Beobachtern mag die sich danach abspielende Szene seltsam dargestellt haben:
Die drei Fahrzeuge der Camel Rainers fahren, kurzerhand gefolgt von drei weiteren der Berliner Bummelbären, beim Grenzstein auf die Seite, steigen in wilder Hatz aus ihren Autos und scharren sich um den Stein herum für die obligate Fotosession.
Kaum 2 Minuten später ist der Spuk schon vorbei und nichts zeugt mehr von dem, was sich eben ereignet hat.

Es ist schon 20:00 Uhr als wir die Dolomiten erreichen. Ein Quercheck bei Team 31 ergibt, dass diese schon bei Cortina vorbei sind, die Chancen auf ein Rendez-Vous stehen also schlecht.
Weiterhin erfahren wir, dass unser GPS-Tracker offenbar nicht richtig funktioniert und die Standortinformationen nicht übermittelt werden. Steven schimpft über die unzureichenden Arbeitsmittel 😉

Gegen Neun erreichen wir Cortina d’Ampezzo, wo vor 33 Jahren der Bond-Film „For Your Eyes Only“ gedreht wurde. Im dem heimeligen Lokal „El Zoco“ werden wir reichhaltig bewirtet. Bei der Gelegenheit tauschen wir auch bereits die ersten 4 Kilo Reis für die syrischen Flüchtlinge in Jordanien ein.

Beim Rallye-Start mussten wir nämlich eine Tasche mit 20 (mehr oder weniger sinnvollen) Gegenständen abgeben und haben im Gegenzug dafür eine andere Tasche erhalten, die ebenfalls mit 20 Gegenständen gefüllt ist. Sinn und Zweck: Wir müssen diese Gegenstände unterwegs gegen 500 Gramm Reis pro Gegenstand eintauschen. Jedes Team soll auf diese Weise 10 Kilo Reis für die Flüchtlinge zusammenbringen.

Da wir nach dem opulenten Nachtmal noch einige Kilometer fahren müssen – erst knapp 250 Kilometer des Tagesminimums von 555 Kilometern sind erfüllt – machen wir uns wieder auf den Weg.
Was wir zu dem Zeitpunkt nicht wissen konnten: Es sollte 01:00 Uhr morgens werden bis wir in Treviso, rund 30 Minuten vor Venedig, aufschlagen sollten.
Nach erfolgloser Suche nach einer Übernachtungsgelegenheit entschliessen wir uns schliesslich fürs wilde Campieren auf einem Parkplatz neben einem Park. Während es sich Steven, Gianpaolo, Fran und Emanuel in ihren Zelten bequem machen, schlafen Reto und Jens in ihrem Einbaubett im Chrysler. Die Gedanken drehen sich darum, wie wir den Chrysler wieder zum Leben erwecken: Kurz nach der Ankunft haben wir festgestellt, dass seine Batterie vollständig entladen war und in dem Auto mittlerweile gar nichts mehr geht…

 

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