Tourtagebuch Tag 18 – Über Jerusalem nach Jordanien

Die emsige Aktivität, die morgens um Sieben bereits um uns herum herrscht, reisst uns aus den Schlafsäcken. Auf dem Parkplatz von Kalia Beach sammeln sich die Rallye-Teilnehmer für die nächste Etappe. Nach Roadbook soll es heute nach Jerusalem und Bethlehem gehen, doch zuerst gönnen wir uns ein morgendliches Bad im Toten Meer.

Wer noch nicht nie im Toten Meer gewesen ist, kann sich vermutlich schlecht vorstellen wie es ist, nicht in die Fluten einzutauchen zu können. Abgesehen davon, dass es absolut unmöglich ist, im Toten Meer unterzugehen, wird man einen  Tidenhub nämlich vergebens suchen. Das Tote Meer gilt mit seiner nur rund 800 km2 grossen Fläche und aufgrund der Tatsache, dass es auf vollständig auf einem Kontinent liegt, als Binnensee. Ein äusserst salzhaltiger See, bis zu 33 % macht das Salz im Wasser aus. Zudem liegt das Tote Meer rund 400 Meter unter dem Meeresspiegel.

Und so finden sich die Raiders wenigstens teilweise freischwebend im Toten Meer für das Foto der Roadbook-Aufgabe wieder. Teilweise deshalb, weil Fran durch abwesenheit glänzte und sich auch nur ein „halber“ Emanuel (bis zu den Knien) im Wasser blicken liess. Pauschaltouristen eben 😉

Nachdem wir uns nach dem Salzwasserbad gründlich abgeduscht und noch die Solarduschen für unseren bald anstehenden Aufenthalt in der jordanischen Wüste – natürlich mit Süsswasser –  gefüllt haben, nehmen wir wieder den Asphalt unter die Räder. Gegen 10:30 Uhr treffen wir schliesslich in Jerusalem ein. Einen Parkplatz finden wir einigermassen schnell, etwas schwerer tun wir uns allerdings mit den hiesigen Parkuhren. Nicht dass wir für die Bedienung selbiger zu blöd gewesen wären, nein, das war es nicht. Vielmehr haben wir sicher 10 Minuten damit vertan, überhaupt eine Parkuhr zu finden. Während uns das Schild am Strassenrand nämlich auf das Entrichten der Parkgebühren hinwies, war die nächste Parkuhr erst in 5 Minuten Gehdistanz aufzufinden.

Nachdem diese erste Hürde gemeistert war, begaben wir uns zu Fuss in Richtung der Altstadt. Dort angekommen genehmigen wir uns zuerst ein kleines Mittagessen. Zwar hatten wir uns unter einem „Club Sandwich“ irgendwie etwas anderes vorgestellt, darum verzichten wir ausnahmsweise darauf, dass mittlerweile obligate Foto von unserem Essen auf Facebook zu posten.
Danach geht es weiter durch den Altstadt-Basar (Shuk), zwischen Touristen, die sich vor den Ständen und in den engen, verwinkelten Gässlein drängen, durch Gewölbe und Torbögen hindurch, bis zur Westmauer (Klagemauer) im jüdischen Viertel.
Bei der Gelegenheit stellen wir fest, dass Gianpaolo offenbar einen „Heiligenschein“ hat, wie man auf dem Beweisfoto unschwer erkennen kann 😉

Wir sind überwältigt von den vielen Eindrücken dieses geschichtsträchtigen Orts. Leider bleibt uns viel zu wenig Zeit für eine ausgiebige Erkundung, denn um 16:00 Uhr müssen wir bereits an den israelisch-jordanischen Grenze sein.
Wenigstens finden wir auf dem Weg zurück zu den Autos noch einen Briefkasten, wo wir die unzähligen Postkarten an unsere Unterstützer, endlich mal einwerfen können.

So bahnen wir uns den Weg durch das Westjordanland, unterwegs passieren wir einen Kontrollposten einer jüdischen Siedlung, wo wir an eine Strassensperre stossen. Eine Angehörige des Militärs weist uns den richtigen Weg. Zuvor versetzt ihr aber Reto einen kurzen Schock, als er kurzerhand aus dem Auto steigt und Spielsachen an die spielenden Kinder verteilen will. Offenbar hat der gute Mann nicht bedacht, dass man hier angesichts des sehr umstrittenen Situation mit allem Möglichen rechnet. Nachdem die Soldatin die Spielsachen kurz inspiziert hat, ist sie sichtlich entspannenter und verspricht, diese an die Kinder zu übergeben.

Eine gute Stunde später fahren wir auf den Grenzübergang zu, zur Abwechslung mal wieder nicht alleine sondern im Konvoi mit anderen Rallye-Teams. Wir bewegen uns gefühlt im Mittelfeld. Es ist 16:00 Uhr als wir uns vor dem Grenzübergang an der Sheik Hussein Brücke am Strassenrand aufkolonieren.

Da wir mit einer längeren Wartezeit rechnen, machen sich Reto und Jens auf den Weg um für unseren zweitägigen Aufenthalt in der jordanischen Wüste Lebensmittel und Wasser, einschliesslich Brot für das schon lange geplante Fondue, zu organisieren.
Zu dem Zeitpunkt konnten wir ja noch nicht ahnen, dass der Begriff „Lebensmittel für 2 Tage“ etwas falsch ausgelegt werden sollte …

Nach gut 90 Minuten Wartezeit dürfen wir endlich in die Abfertigung. Während sich die Ausreise für die meisten unserer Raiders problemlos gestaltet, verheddert sich unser Kollege Fran bei einer Routinefrage. Grund genung für die Beamten, ihn für eine ausgiebigere Befragung einzukassieren. Per SMS versichert uns Fran, dass alles in Ordnung sei und wir uns keine Sorgen zu machen brauchen.
Unser Versucht, mit Hilfe einer Rallye-Kollegin von Team „Israel Rallye Queens“ Licht ins Dunkel zu bringen, scheitert an der Dienstbefliessenheit der israelischen Grenzbeamten. Auch Det vom OK der Allgäu-Orient-Rallye kann uns nicht helfen.
Und so warten wir: Nicht 15, nicht 30, nicht 60 und auch nicht 90 sondern geschlagene 120 lange und bange Minuten!

Während sich Reto die Stimmung mit frisch gekochtem Kaffee hebt, unterstützt Steven ein anderes Team bei der Fertigstellung des Roadbooks, indem er deren Fotos auf unserem mitgebrachten Printer ausdruckt.

Als Fran endlich wohlbehalten zu uns stösst, ist es kurz vor 20:00 Uhr. Das letzte Team verlässt soeben vor uns den Warteraum und wir sind wieder einmal die Letzten. Die israelischen Beamten spedieren uns etwas gehetzt hinaus, wir erfahren sogleich auch warum: Es ist Feierabend, man möchte uns ganz offensichtlich los werden 😉

Währenddessen werkelt der Printer in Indy’s Fond munter weiter und spuckt Foto um Foto aus. Das ist mit Sicherheit das erste Mal überhaupt, dass jemand während einem Grenzübertritt Bilder ausgedruckt hat.

Als wir schliesslich auch die jordanischen Grenzkontrollen hinter uns haben, empfangen uns die Töne eines Militärorchesters. Am Infostand geben wir unser Roadbook ab, dieses wird für die Bewertung benötigt. Im Austausch dafür erhalten wir ein Roadbook für Jordanien. Gut, Roadbook ist irgendwie übertrieben, es sind eigentlich nur ein paar lose Seiten die zusammengetackert wurden.

Als wir den Grenzposten verlassen, warten wir draussen auf der Strasse erstmal vor einem Tross weiterer Fahrzeuge. Vor uns flackern rot-blaue Blinklichter in der Dunkelheit der Nacht. Man wartet offenbar auf die letzten Nachzügler, die sich noch im Abfertigungsbereich des Zolls befindet. Wir sind hier zumindest nicht mehr die Letzten 😉

Es ist schon weit über 21:00 Uhr als es endlich losgeht und sich der Konvoi in Bewegung setzt. Durch die Dunkelheit schlängeln wir uns durch kleine Orte und verschlungene Strassen die Berge hinauf. Währenddessen wandert die Nadel von Indy’s Tankanzeige, welche seit einiger Zeit und ohne unser Zutun wieder richtig zu funktionieren scheint, bedenklich in Richtung Null-Stellung. Als der Konvoi in einer abschüssigen Strasse für einige Minuten warten muss, nutzen wir die Gelegenheit um unseren Reservekanister einzukippen. Das Reicht fürs Erste, die Anzeige steht wieder auf R wie Reserve, für die nächsten rund 50 Kilometer haben wir sicher mal kein Problem.

Anderen Teams ergeht’s offenbar auch nicht anders als uns. Irgendwie wird den Polizisten im Führungsfahrzeug bedeutet, dass wir dringend Sprit benötigen, und so führt er uns auch an eine Tankstelle. Doch das Glück ist uns nicht hold, die Tankstelle ist völlig ausgeschossen, die Tanks sind leer. Und so geht es weiter, die nächste Tankstelle sei nur 5 Kilometer entfernt. Es sind dann aber wohl eher 30, wenn man unserem Tacho glauben darf.
Dort offenbart sich aber auch schon das nächste Problem: Nur Bahres ist Wahres, Kredikarten werden nicht akzeptiert, Lokalwährung haben wir praktischerweise keine dabei. Zum Glück akzeptiert der Tankwart Euro, wenngleich zu einem fragwürdigen Wechselkurs, eine grosse Wahl bleibt uns indessen nicht.
Die Tankstelle erlebt an diesem Abend vermutlich ihren zweiten Frühlung, so viele benzinbedürftige Kunden dürften sich kaum jemals in so kurzer Zeit um die Säulen gedränkt haben. Es dauert aber eine gute Stunde, bis alle Fahrzeuge aufgetankt sind und es endlich wieder weitergeht.

Irgendwann sehen wir weiter vor uns eine beinahe unendliche Reihe von Schlusslichtern, die sich in der Dunkelheit hintereinander aufreihen. Wir haben offenbar Anschluss an einen weiteren Konvoi gefunden. Es dauert noch einige Zeit, bis wir endlich am Ziel ankommen, inmitten der Wüste, irgendwo im Nirgendwo. Beim Aussteigen überrascht uns die Temperatur: Es ist zwar merklich kühler geworden, dennoch hatten wir irgendwie tiefere Temperaturen während der Nacht erwartet, aber diese scheint dennoch noch über 15° zu liegen.

Für grosse Kocherei reicht unsere Energie nicht mehr, sehr wohl aber für eine warme Suppe. Dann fallen wir todmüde in die Federn, über uns der klare Sternenhimmel und der Mond, der uns entgegen leuchtet.

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